Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft
Im Zuge des geänderten Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) wurde ab dem 1. Januar 2021 im Bereich der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung ein Verbot von Werkverträgen und Selbstständigen und ab dem 1. April 2021 zusätzlich ein Verbot von Leiharbeit in der Fleischindustrie eingeführt. Ferner wird für die Fleischwirtschaft grundsätzlich eine Pflicht zur elektronischen und manipulationssicheren Erfassung der Arbeitszeit eingeführt. Das Fleischerhandwerk ist von den Regelungen ausgenommen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen Fragenkatalog zu den wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit den Neuregelungen durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz erstellt.
Fragen und Antworten zum Arbeitsschutzkontrollgesetz (BMAS)
Führung des Betriebs als alleiniger Inhaber und Werkvertragsverbot ab dem 1. Januar 2021
Ein Unternehmer muss einen Betrieb oder (im Fall des § 6a Abs. 3 S. 2 GSA Fleisch) eine übergreifende Organisation, in dem oder in der geschlachtet wird, Schlachtkörper zerlegt werden oder Fleisch verarbeitet wird, als alleiniger Inhaber führen. Die gemeinsame Führung eines Betriebes oder einer übergreifenden Organisation durch zwei oder mehrere Unternehmer ist unzulässig. Nicht erfasst wird die Kooperation verschiedener Unternehmen, die jeweils einen oder mehrere Produktionsschritte durch eigene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausführen, sofern diese nicht gesellschaftsrechtlich, organisatorisch oder wirtschaftlich miteinander verbunden sind und die Arbeitsabläufe auch nicht durch den Inhaber inhaltlich oder zeitlich im Wesentlichen vorgegeben werden (Kooperationsverbünde).
Inhaber ist, wer über die Nutzung der Betriebsmittel und den Einsatz des Personals entscheidet. Wenn aufgrund der räumlichen oder funktionalen Einbindung des Betriebes in eine übergreifende Organisation die Arbeitsabläufe in dem Betrieb inhaltlich oder zeitlich im Wesentlichen vorgegeben sind, ist Inhaber, wer die übergreifende Organisation führt.
Eine übergreifende Organisation liegt nach § 6a Abs. 5 GSA Fleisch vor, wenn zwischen mehreren Betrieben ein überbetrieblicher Produktionsverbund besteht und die Arbeitsabläufe in dem Produktionsverbund dergestalt aufeinander abgestimmt sind, dass sie inhaltlich oder zeitlich im Wesentlichen von einem Unternehmer des Produktionsverbundes vorgegeben sind.
Elektronische Arbeitszeiterfassung ab 1. Januar 2021
Seit dem 1. Januar 2021 gilt die Pflicht der taggenauen elektronischen und manipulationssicheren Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit. Zudem sind diese Aufzeichnungen elektronisch aufzubewahren.
Die Manipulationssicherheit der Aufzeichnungen bezieht sich dabei auf den Schutz vor inhaltlich falschen oder nachträglich geänderten Eingaben durch den Arbeitgeber oder dessen Personal selbst. Nicht gefordert wird, dass der Arbeitgeber beispielsweise das von ihm betriebene System der elektronischen Arbeitszeitaufzeichnung so sichert, dass manipulative Eingriffe von außen durch Dritte, bspw. durch einen Hackerangriff, ausgeschlossen sind. Es muss danach lediglich ausgeschlossen sein, dass die Aufzeichnung aus der Sphäre des Arbeitgebers in einer Weise verändert wird, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Folglich muss stets ersichtlich sein, ob ursprünglich erfasste Daten zu einem späteren Zeitpunkt verändert worden sind. Durch die elektronische Aufzeichnung muss sichergestellt sein, dass diese nicht ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht oder geändert werden können. Händische Arbeitszeitaufzeichnungen sowie auch die manuelle Eingabe in eine digitale Anwendung (z.B. in ein Tabellenkalkulationsprogramm) werden diesen Vorgaben nicht gerecht.
§ 6 Abs. 2 GSA Fleisch stellt klar, dass zur Arbeitszeit ebenfalls Zeiten für dienstlich notwendige Vor- und Nachbereitungshandlungen im Betrieb einschließlich der hierfür erforderlichen innerbetrieblichen Wegezeiten zählen. Dazu gehören insbesondere:
- das Auf- und Abrüsten von Arbeitsmitteln einschließlich der Entgegennahme und des Abgebens der Arbeitsmittel (Rüstzeiten),
- das An- oder Ablegen der Arbeitskleidung einschließlich der Entgegennahme und des Abgebens der Arbeitskleidung (Umkleidezeiten), wenn das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung vom Arbeitgeber angeordnet wird oder gesetzlich vorgeschrieben ist und das Umkleiden im Betrieb erfolgt und
- das Waschen vor Beginn oder nach Beendigung der Arbeit (Waschzeiten), wenn das Waschen aus hygienischen oder gesundheitlichen Gründen notwendig ist.
Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Auch bei Zeiten für außerhalb des Betriebs erfolgender Vor- und Nachbereitungshandlungen kann es sich um Arbeitszeit handeln. Das Waschen nach Beendigung der Arbeit ist notwendig, wenn aus gesundheitlichen Gründen die Stoffe, mit denen die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der Arbeit in Kontakt gerät, nicht am Körper haften bleiben dürfen. Gleiches gilt, wenn es der Arbeitnehmerin oder dem Arbeit-nehmer aus hygienischer Sicht unzumutbar ist, den Betrieb ungewaschen zu verlassen.
Auch für diese Arbeitszeiten gilt der Grundsatz der taggenauen elektronischen und manipulationssicheren Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit. Pauschalierte Zeitansätze entsprechen nicht dem gesetzlichen Erfordernis.
Ausnahme:
Die §§ 6 bis 6b GSA Fleisch gelten nach § 2 Abs. 2 GSA Fleisch nicht für das Fleischerhandwerk. Für diese Betriebe finden derzeit die (Aufzeichnungs-) pflichten nach dem Mindestlohngesetz Anwendung.
Definition Fleischerhandwerk
Das Fleischerhandwerk ist von den im § 6a der GSA-Fleisch getroffenen Regelungen zur Einschränkung des Fremdpersonaleinsatzes ausgenommen. Zum Fleischerhandwerk im Sinne des Gesetzes gehören Unternehmen der Fleischwirtschaft, die
- ihre Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 der Handwerksordnung handwerksmäßig betreiben und in die Handwerksrolle des zulassungspflichtigen Handwerks oder in das Verzeichnis des zulassungsfreien Handwerks oder handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen sind
- juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften sind, deren Mitglieder oder Gesellschafter ausschließlich Unternehmen in diesem Sinne (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GSA Fleisch) sind.
Dabei muss es sich um Unternehmen handeln, die in der Regel nicht mehr als 49 Personen tätig werden lassen. Ein "Tätigwerden-lassen" liegt vor, wenn die Person auf Veranlassung des Unternehmers zur Erreichung seines Betriebszwecks tätig wird (nicht aber, wenn die Person aufgrund anderer Veranlassung tätig wird, z.B. Amtstierarzt).
Bei der Bestimmung der Anzahl der in der Regel tätigen Personen sind auch die bei Nachunternehmen tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sowie Selbstständige mitzuzählen. Nicht berücksichtigt werden bei der Zählung Personen, die ausschließlich mit dem Verkauf und damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Tätigkeiten (z.B. Schneiden von Wurst, Abwiegen oder Verpacken direkt auf Anforderung des Endverbrauchers im Verkaufsbereich des Ladengeschäfts) befasst sind.
Weiterhin nicht berücksichtigt werden Auszubildende in der Ausbildung zum Fachverkäufer oder zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk mit Schwerpunkt Fleischwirtschaft. Ebenso nicht zu berücksichtigen sind Personen, die nur kurzzeitig tätig werden.
Arbeitnehmerüberlassung in der Fleischwirtschaft
Mit Ablauf des 31. März 2024 dürfen im Bereich der Schlachtung einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern sowie im Bereich der Fleischverarbeitung ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen von mit dem Inhaber direkt bestehenden Arbeitsverhältnissen tätig sein.
Ein Dritter darf in diesen Bereichen ebenfalls kein Fremdpersonal tätig werden lassen. Auch der Einsatz von Selbstständigen ist unzulässig .
Folgen bei Zuwiderhandlungen/Verstößen
Das GSA Fleisch beinhaltet in § 7 die in diesem Zusammenhang einschlägigen Bußgeldvorschriften.
So handelt beispielswiese nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 GSA Fleisch ordnungswidrig, wer entgegen § 6a Abs. 1 S. 1 GSA Fleisch den Betrieb oder die übergreifende Organisation nicht als alleiniger Inhaber führt. Die Geldbuße kann bis zu fünfhunderttausend Euro betragen.