Anwendung des Mindestlohngesetzes bei grenzüberschreitender Personen- und Güterbeförderung im Straßenverkehr
Das Mindestlohngesetz gilt grundsätzlich bei grenzüberschreitender Personen- und Güterbeförderung gleichermaßen für alle Verkehrsträger sowie für Unternehmen mit Sitz in einem EU- oder einem Drittstaat.
Sonderregelungen für Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz in der EU- oder EWR-Staat sowie im Vereinigten Königreich
Grundsätzlich gilt auch für Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sowie im Vereinigten Königreich, dass der Mindestlohn für Güterbeförderungen auf deutschem Hoheitsgebiet einzuhalten ist. Vom Mindestlohngesetz umfasst sind insbesondere:
- Kabotagebeförderungen, also Fälle, in denen eine Kraftfahrerin oder ein Kraftfahrer für ihren oder seinen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland eine innerstaatliche Beförderungsdienstleistung mit Anfangs- und Endpunkt in Deutschland erbringt.
- Trilaterale Beförderungen, also Beförderungen aus einem anderen Staat als dem Niederlassungsstaat des Arbeitgebers mit Grenzübertritt in einen anderen Staat als dem Niederlassungsstaat des Arbeitgebers, bei denen sich der entweder der Ausgangspunkt oder der Bestimmungsort in Deutschland befinden und die nicht im Rahmen einer bilateralen Beförderung erfolgen.
Aufgrund besonderer Regelungen für den Straßenverkehrssektor gelten jedoch folgende Ausnahmen für Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sowie im Vereinigten Königreich, die nachfolgend dargestellt werden.
Transitfahrten
Das Mindestlohngesetz findet keine Anwendung auf Beförderungen im Transit, die von Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sowie im Vereinigten Königreich durchgeführt werden. Transitfahrten sind Beförderungen durch das deutsche Hoheitsgebiet, ohne Fracht zu laden oder zu entladen und ohne Fahrgäste aufzunehmen oder abzusetzen. Beförderungsunterbrechungen zu anderen Zwecken, wie z.B. zum Tanken oder zum Einlegen von Ruhepausen stehen der Annahme eines Transits nicht entgegen.
Diese Ausnahme gilt nicht für Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat.
Bilaterale Beförderung
Das Mindestlohngesetz ist für Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sowie im Vereinigten Königreich ausnahmsweise nicht anwendbar, wenn die Beförderung keinen hinreichenden Inlandsbezug aufweist. Das ist der Fall, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer eine bilaterale Beförderung von Gütern oder Personen durchführt. Bilaterale Beförderungen haben grundsätzlich keinen hinreichenden Inlandsbezug. Die bilaterale Beförderung ist für Güter und Personen unterschiedlich definiert.
Die folgenden Ausnahmen gelten nicht für Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat.
a) Bilaterale Beförderung von Gütern
Eine bilaterale Beförderung von Gütern ist der grenzüberschreitende Transport von Gütern auf Grundlage eines Beförderungsvertrags vom oder in den Niederlassungsstaat des Beförderungsunternehmens.
Nimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer neben der bilateralen Beförderung weitere Tätigkeiten mit Inlandsbezug vor, kann das Mindestlohngesetz Anwendung finden.
Nach den Sonderregelungen wird ein hinreichender Inlandsbezug für die erste trilaterale Beförderung im Rahmen einer bilateralen Beförderung verneint. Auch eine zweite trilaterale Beförderung begründet keinen hinreichenden Inlandsbezug, wenn
- die beiden trilateralen Beförderungen während einer bilateralen Beförderung auf der Fahrt in den Niederlassungsstaat (Rückfahrt) durchgeführt werden,
- keine zusätzlichen trilateralen Beförderungen bei der bilateralen Beförderung aus dem Niederlassungsstaat (Hinfahrt) durchgeführt wurden und
- sich die Rückfahrt an die Hinfahrt ohne Unterbrechung durch weitere Beförderungen unmittelbar anschließt.
Ab dem 21. August 2023 gelten die Ausnahmen für trilaterale Beförderungen im Rahmen bilateraler Beförderungen nur noch, wenn für die Beförderungen Kraftfahrzeuge genutzt werden, die mit intelligenten Fahrtenschreibern (gemäß den Art. 8, 9 und 10 der genannten Verordnung (EU) Nr. 165/2014) ausgestattet sind.
b) Bilaterale Beförderung von Personen
Eine bilaterale Beförderung von Personen ist der grenzüberschreitende Transport von Fahrgästen
- vom oder in den Niederlassungsstaat;
- vom und in den Niederlassungsstaat (Rundreise) mit örtlichen Ausflügen in ein anderes Land.
Nimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer neben der bilateralen Beförderung weitere Tätigkeiten mit Inlandsbezug vor, kann das Mindestlohngesetz Anwendung finden.
Kein hinreichender Inlandsbezug wird dadurch begründet, dass während einer bilateralen Beförderung eine weitere grenzüberschreitende Beförderung ohne Be- oder Entladung im Niederlassungsstaat ("trilaterale Beförderung") von oder nach Deutschland durchgeführt wird.
Ab dem 21. August 2023 gelten die Ausnahmen für trilaterale Beförderungen im Rahmen bilateraler Beförderungen nur noch, wenn für die Beförderungen Kraftfahrzeuge genutzt werden, die mit intelligenten Fahrtenschreibern (gemäß den Art. 8, 9 und 10 der genannten Verordnung (EU) Nr. 165/2014) ausgestattet sind.
Kombinierter Verkehr
Güterbeförderungen im kombinierten Verkehr im Sinne der Richtlinie 92/106/EWG von Kraftverkehrsunternehmern mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sowie dem Vereinigten Königreich sind ausgenommen, wenn die auf der Straße zurückgelegte Teilstrecke ausschließlich aus bilateralen Beförderungen und den während der bilateralen Beförderung ausgenommenen trilateralen Beförderungen (s.o.) besteht. Der auf der Schiene oder dem Wasser zurückgelegte Teil der Beförderung bleibt für die Frage der Anwendbarkeit des Mindestlohngesetztes unberücksichtigt.
Entsendemeldungen im Straßenverkehrssektor
Liegt nach den oben dargestellten Ausnahmefällen keine Entsendung vor, ist keine Entsendemeldung abzugeben. Auch Arbeitszeitaufzeichnungen auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes oder der entsprechenden Verordnungen sind in den vorgenannten Fällen nicht erforderlich. Hiervon unberührt bleiben jedoch die Aufzeichnungspflichten nach anderen Regelungen, insbesondere der Verordnung (EU) Nr. 165/2014.
Die Zollbehörden bleiben jedoch auch in diesen Fällen zu Prüfungen berechtigt, um festzustellen, ob eine Entsendung vorliegt.
Sofern das Mindestlohngesetz Anwendung findet, gilt für das Meldeverfahren Folgendes:
Entsendemeldungen im Straßenverkehrssektor sind von Kraftverkehrsunternehmern mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat über das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) zu übermitteln. Den Link zur IMI-Schnittstelle zur Übermittlung von Entsendemeldungen im Straßenverkehrssektor finden Sie im Portal für Straßenverkehr-Entsendemeldungen.
Portal für Straßenverkehr-Entsendemeldungen
Auf diesem Portal finden Sie auch Fragen und Antworten zur Nutzung des IMI Portals, Übungsvideos sowie Kontaktdaten im Fall technischer Probleme.
Hilfeseite des Portals für Straßenverkehr-Entsendemeldungen
Eine Meldung bzw. Einsatzmeldung nach dem Mindestlohngesetz und der Mindestlohnmeldeverordnung ist nur für Kraftverkehrsunternehmer mit Sitz in einem Drittstaat weiterhin verpflichtend und soll über das Meldeportal-Mindestlohn erfolgen. Kraftverkehrsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland können Meldungen alternativ auch über das IMI übermitteln.
Meldeportal Mindestlohn