Anti-Folter-Verordnung
Allgemeines zur Anti-Folter-Verordnung
Mit Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 wurde eine Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 - der sogenannten Anti-Folter-Verordnung - veröffentlicht.
Zweck dieser Verordnung ist die Überwachung des Drittlandhandels mit Gütern
- die zur Vollstreckung der Todesstrafe,
- zum Zwecke der Folter
- für andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
verwendet werden könnten.
Ziel der Verordnung ist es, im Einklang mit den fundamentalen Grundprinzipien der Europäischen Union
- Achtung der Menschenrechte und
- Achtung der Grundfreiheiten
einen Beitrag zur Ächtung von Todesstrafe, Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu leisten.
Welche Güter und Waren umfasst die Verordnung?
Kernpunkt der Anti-Folter-Verordnung sind die Güterlisten der Anhänge II, III und IV. Hier sind jeweils die Waren gelistet, die von den Embargomaßnahmen - also Handelsverbote bzw. Genehmigungspflichten - betroffen sind.
Im Anhang II sind Güter gelistet, die ausschließlich zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zweck der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe dienen, wie zum Beispiel:
- Galgen und Fallbeile,
- Elektrische Stühle zur Hinrichtung von Menschen,
- Gaskammern,
- bestimmte Elektroschockgeräte,
- Schlagstöcke mit Metallstacheln,
- Peitschen mit mehreren Riemen.
Hierbei handelt es sich um Güter die konstruiert wurden für die Hinrichtung von Menschen oder um auf nicht angemessene Weise auf Menschen Zwang auszuüben oder zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen.
Im Anhang III sind Güter gelistet, die außer zum Zwecke der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe auch andere Verwendung finden können, wie zum Beispiel:
- Fesseln und Einzelschellen,
- Spuckschutzhauben,
- bestimmte tragbare Elektroimpulswaffen,
- tragbare Waffen und Ausrüstungen zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen (wie Tränengas oder Pfefferspray).
Im Anhang IV hingegen sind Güter gelistet, die zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten. Dabei handelt es sich um
- kurz und intermediär wirkende Barbiturate und deren Erzeugnisse (wie pharmazeutische Produkte).
Die Güterlisten der Verordnung überschneiden sich nicht mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (EG-Dual-Use-VO) bzw. der nationalen Ausfuhrliste Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung. Überschneidungen zu bestimmten Teilembargos sind aber möglich. Einschlägige Embargomaßnahmen sind daher weiterhin zu beachten.
Welche Verbote bzw. Genehmigungspflichten umfasst die Verordnung?
Verboten sind die Ausfuhr und die Einfuhr, sowie die Durchfuhr von Gütern, die in Anhang II der Verordnung gelistet sind. Ebenfalls verboten ist jede Leistung von technischer Hilfe im Zusammenhang mit Anhang-II-Gütern (unabhängig ob gegen Entgelt oder kostenfrei).
Ausnahmen vom Verbot sind nur möglich, wenn es sich um Güter handelt, die aufgrund ihrer historischen Bedeutung ausschließlich zum Zweck der öffentlichen Ausstellung in einem Museum verwendet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Genehmigung der zuständigen Behörde.
Die Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten, die für Genehmigungen zuständig sind, sind im Anhang I der Verordnung aufgelistet.
Für die Bundesrepublik Deutschland sind Genehmigungsanträge an folgende Stelle zu richten:
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
Frankfurter Straße 29-35
D-65760 Eschborn
Tel.: 06196 908-0
Fax: 06196 908-1800
E-Mail: ausfuhrkontrolle@bafa.bund.de
Das Antragsformular für Aus- oder Einfuhrgenehmigungen, sowie Erläuterungen dazu sind im Anhang V der Verordnung, sowie auf der Internetseite des BAFA abrufbar.
Genehmigungspflichtig ist grundsätzlich die Ausfuhr von Gütern, die in Anhang III oder in Anhang IV der Verordnung gelistet sind. In bestimmten Fällen ist die Inanspruchnahme einer Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung nach Anhang V für Güter des Anhangs IV möglich.
Die Einfuhr von Gütern der Anhänge III und IV unterliegt hingegen keinen Beschränkungen.
Die Durchfuhr von Gütern der Anhänge III und IV ist grundsätzlich genehmigungsfrei möglich, wenn diese in einem externen Versandverfahren gemäß Artikel 266 des Unionszollkodex befördert werden. Allerdings ist die Durchfuhr dieser Güter dann verboten, wenn bekannt ist, dass Teile der Lieferung dazu bestimmt sind, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in einem Drittland verwendet zu werden.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Genehmigung für die Ausfuhr von Anhang-III-Gütern nicht erforderlich. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Güter in Gebiete der Mitgliedstaaten ausgeführt werden, die nicht Teil des Zollgebiets der Union sind. Diese sind in Anhang VI der Verordnung genannt.
Eine weitere Ausnahme wäre beispielsweise auch eine Ausfuhr im Rahmen von Friedenssicherungsmaßnahmen der Vereinten Nationen.
Was ist bei Verbringungen in andere Mitgliedstaaten zu beachten?
Verbringungen in andere Mitgliedstaaten sind grundsätzlich nicht von der Verordnung erfasst. Dabei ist allerdings zu beachten dass im Rahmen der Anti-Folter-Verordnung der Begriff der Ausfuhr weiter gefasst ist und jede Verbringung von Gütern aus dem Zollgebiet der Union einschließlich der Verbringung von Gütern für die eine Zollanmeldung abzugeben ist oder der Verbringung nach Lagerung in einer Freizone einschließt. Dies bedeutet, dass Lieferungen von gelisteten Gütern an einen anderen Mitgliedstaat ggf. verboten (Anhang II-Güter) oder genehmigungspflichtig (Güter der Anhänge III bzw. IV) sein können, wenn der Transport über ein Drittland geführt wird.
Die Lieferung von Schlagstöcken mit Metallstacheln von Deutschland nach Frankreich durch die Schweiz stellt eine Ausfuhr aus Deutschland und eine Einfuhr nach Frankreich dar und ist somit verboten!