Verbrauchsteuerrechtliche Bewertung von "Hard Seltzer"
Was ist Hard Seltzer?
Hard Seltzer (englisch für "hartes Sprudelwasser") ist ein insbesondere in den USA verbreitetes klares, alkoholisches Getränk auf der Basis von kohlensäurehaltigem Wasser und Alkohol, dem meist Fruchtgeschmack in Form von Aromen zugesetzt wird. Der Alkoholgehalt entspricht etwa dem von Bier und liegt in der Regel zwischen etwa 4 und 6 % vol. Es wird trinkfertig gemischt in verkaufsfertigen, verschlossenen Behältnissen von in der Regel bis zu 0,33 Litern Inhaltsvolumen angeboten.
Klassifizierung des Getränks
Die verbrauchsteuerrechtliche Behandlung von Hard Seltzer hängt davon ab, wie das Getränk konkret hergestellt wurde: aus Neutral- oder aus Gärungsalkohol, mit Wasserzusatz oder ohne Wasserzusatz.
Dabei ist zu beachten, dass verbrauchsteuerrechtlich auch bestimmte Gärungsalkohole als Neutralalkohole angesehen werden und, dass ein Zusatz von Stoffen zu Gärungsalkohol dazu führen kann, dass Geschmack, Geruch und/oder Aussehen eines aus einer bestimmten Frucht oder aus einem bestimmten Naturprodukt hergestellten Getränks verloren gehen. Auch in diesen Fällen ist das so hergestellte Produkt wie unter Verwendung von Neutralalkohol hergestellte Hard Seltzer der Position 2208 der Kombinierten Nomenklatur ("Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von weniger als 80 % vol., unvergällt; Branntwein, Likör und andere alkoholhaltige Getränke") zuzuweisen und unterliegt damit der Alkoholsteuer und ggf. auch der Alkopopsteuer (siehe unten).
Herstellung auf der Basis durch Destillation gewonnenen Neutralalkohols
Soweit ein Hard Seltzer durch eine Mischung von durch Destillation gewonnenem Neutralalkohol mit Mineralwasser hergestellt wird, ist es der Position 2208 der Kombinierten Nomenklatur zuzuweisen.
So hergestelltes Hard Seltzer unterliegt damit als Alkoholerzeugnis nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a) Alkoholsteuergesetz (AlkStG) der Alkoholsteuer. Desgleichen unterfällt es der Definition eines Alkopops nach § 1 Abs. 2 Alkopopsteuergesetz (AlkopopStG) und unterliegt der entsprechenden zusätzlichen Besteuerung als Alkopop.
Herstellung auf der Basis durch Gärung gewonnenen Alkohols
Wenn ein Hard Seltzer aus der Mischung von durch Gärung gewonnenem Alkohol mit Mineralwasser hergestellt wird, ist es grundsätzlich der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur ("Andere gegorene Getränke [z.B. Apfelwein, Birnenwein, Met und Sake]; Mischungen gegorener Getränke und Mischungen gegorener Getränke und nicht alkoholischer Getränke, anderweit weder genannt noch inbegriffen") zuzuweisen und wird verbrauchsteuerrechtlich als steuerfreier Wein behandelt.
Da Hard Seltzer als alkoholisches Mineralwasser vermarktet wird und demzufolge ein deutlicher Eigengeschmack des verwendeten Alkohols eher unerwünscht ist, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die verbrauchsteuerrechtliche Behandlung als Wein nicht gilt, wenn
der verwendete Gärungsalkohol nicht die charakteristischen Eigenschaften von gegorenen Getränken (Farbe, Geruch, Geschmack) aufweist, weil er (z.B. durch das Vergären von Zuckerlösungen) entsprechend farblich, geruchlich und geschmacklich neutral gewonnen wurde. Nach der Durchführungsverordnung (EU) 2019/923 weist so gewonnener Alkohol nicht die Merkmale einer Ware der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, sondern die von Ethylalkohol der Position 2208 der Kombinierten Nomenklatur auf.
Unter Verwendung von solchem "neutralen Gärungsalkohol" und Wasserzusatz hergestelltes Hard Seltzer unterliegt damit nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a) AlkStG der Alkoholsteuer und nach § 1 Abs. 2 AlkopopStG der zusätzlichen Alkopopsteuer. Gelingt die Herstellung eines Hard Seltzer ohne eine Beimischung von Wasser, ist die gesetzliche Definition eines Alkopops nicht erfüllt, da das Tatbestandsmerkmal "Mischung" nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AlkopopStG nicht gegeben ist. Ein solches Erzeugnis unterfällt dann nur der Alkoholbesteuerung nach dem AlkStG.
dem verwendeten, durch Gärung gewonnenen Alkohol die charakteristischen Eigenschaften von gegorenen Getränken (Farbe, Geruch, Geschmack) durch eine entsprechende Behandlung (z.B. eine Ultrafiltration) entzogen wurden. Auch ein solcher Gärungsalkohol ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht der Position 2204 ("Wein aus frischen Weintrauben, einschließlich mit Alkohol angereicherter Wein; Traubenmost, ausgenommen solcher der Position 2009") bzw. der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, sondern ebenfalls der Position 2208 der Kombinierten Nomenklatur zuzuweisen (vgl. beispielsweise die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Rechtssachen C-196/10, C-532/14 und C-533/14).
Ein unter Verwendung von solchem "neutralisierten Gärungsalkohol" und Wasserzusatz hergestelltes Hard Seltzer unterliegt damit nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a) AlkStG der Alkoholsteuer und nach § 1 Abs. 2 AlkopopStG der zusätzlichen Alkopopsteuer. Gelingt die Herstellung eines Hard Seltzer ohne eine Beimischung von Wasser, ist die gesetzliche Definition eines Alkopops nicht erfüllt, da das Tatbestandsmerkmal "Mischung" nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AlkopopStG nicht gegeben ist. Ein solches Erzeugnis unterfällt dann nur der Alkoholbesteuerung nach dem AlkStG.
das Hard Seltzer durch Gärung von Mischungen aus konzentrierten Fruchtsäften und Zuckersirupen mit Zusatz von Fruchtaromen, CO2 und Wasser hergestellt wird und nicht den Geschmack, den Geruch und das Aussehen eines gegorenen Getränks aufweist. Da der ursprüngliche Charakter gegorener Getränke in dem fertigen Getränk nicht erhalten geblieben ist, ist eine Einreihung in die Position 2206 auszuschließen und das betreffende Erzeugnis in die Position 2208 einzureihen (Protokollerklärung des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur (Teilbereich Agrar/Chemie) - 224. Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex vom 27. bis 29. September 2021).
Unter Verwendung von Fruchtwein hergestellte Hard Seltzer unterliegen damit nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a) AlkStG der Alkoholsteuer. Da der zugrundeliegende Fruchtwein noch nicht der Position 2208 der Kombinierten Nomenklatur zuzuweisen ist (und es sich damit bei dem Fruchtwein nicht um ein Erzeugnis im Sinne von § 1 AlkStG handelt), unterliegt ein so hergestelltes Hard Seltzer jedoch - unabhängig davon, ob ein weiterer Wasserzusatz erfolgt - nicht der zusätzlichen Alkopopsteuer.
Hard Seltzer auf der Basis eines Traubenweines, der nicht anders als önologisch zugelassen behandelt wurde, werden verbrauchsteuerrechtlich weiterhin als Wein angesehen.
Allgemein gültige Regelungen
Dass ein Hard Seltzer nicht süß ist, ist nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung in allen oben beschriebenen Herstellungsvarianten für die Alkopopsteuerpflicht nicht entscheidend. Da der Geschmack eines Getränks von subjektiven Eindrücken geprägt ist, ist er kein taugliches Abgrenzungskriterium zur Bestimmung eines Steuergegenstandes. Zudem ist die "Süß-getränk"-Eigenschaft aus der Gesetzeszielbestimmung des § 1 Abs. 1 AlkopopStG nicht in die objektive Definition des Alkopopbegriffs in § 1 Abs. 2 AlkopopStG aufgenommen worden.