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Kumulierung nach dem Regionalen Übereinkommen/Pan-Euro-Med-Kumulierung

Historische Entwicklung der diagonalen Kumulierung

In den 1990er Jahren wurde zwischen der Europäischen Gemeinschaft, den EFTA-Ländern (Schweiz, mit Liechtenstein, Norwegen, Island), zahlreichen Ländern in Mittel- und Osteuropa (die zwischenzeitlich Mitgliedstaaten der EU sind) und der Türkei ein System der diagonalen Ursprungskumulierung errichtet, das als "paneuropäische Kumulierung" bezeichnet wird.

In der Folgezeit wurde das System der paneuropäischen Ursprungskumulierung schrittweise auch auf die Partnerländer im Mittelmeerraum (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien, Westjordanland/Gazastreifen) und die Teilnehmer des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses der EU (SAP: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo) ausgeweitet. Zu der erweiterten Zone gehören zudem die Färöer-Inseln sowie Georgien, die Republik Moldau und die Ukraine. Die Kumulierung in dieser Zone wird "Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung" (abgekürzt Pan-Euro-Med-Kumulierung oder auch PEM-Kumulierung) genannt. Sie setzt systembedingt neben einem Netzwerk von Präferenzabkommen zwischen allen an der Kumulierung teilnehmenden Ländern auch die Anwendung einheitlicher Ursprungsregeln voraus.

Im Warenverkehr mit den meisten der genannten Länder findet sich die Rechtsgrundlage für die Kumulierung im Regionalen Übereinkommen und zwar in dessen Anlage I. Im Warenverkehr mit denjenigen Ländern, die dem Regionalen Übereinkommen noch nicht beigetreten sind, können jedoch auch weiterhin die einschlägigen Artikel 3 und 4 der bilateralen Ursprungsprotokolle angewendet werden. Zudem traten bereits sukzessive ab dem 1. September 2021 im Warenverkehr mit einzelnen Ländern, für die das Regionale Übereinkommen gilt, alternative Ursprungsregeln ("Übergangsregeln") in Kraft.

Informationen zu den Übergangsregeln
Informationen zu der Kumulierung nach den Übergangsregeln

Matrix für die Anwendbarkeit der Kumulierung: "Wer mit wem?"

Wegen des schrittweisen Übergangs zum Regionalen Übereinkommen, sind Besonderheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit zu beachten:

Zwischen allen Ländern der paneuropäischen Zone ist entweder bereits das Regionale Übereinkommen anwendbar oder es bestehen entsprechende Abkommen mit gleichen Ursprungsregeln. Somit ist die paneuropäische Kumulierung weiterhin uneingeschränkt anwendbar; hier ist es daher nicht erforderlich, spezielle Präferenznachweise bzw. Lieferantenerklärungen mit zusätzlichen Angaben ("Kumulierungsvermerk") zu verwenden.

Hingegen bestehen entsprechende Abkommen mit gleichen Ursprungsregeln noch nicht zwischen allen Ländern der Pan-Euro-Med-Zone. Auch das Regionale Übereinkommen ist noch nicht für alle Länder der Kumulierungszone anwendbar. Wegen des bestehenden wirtschaftlichen Interesses hat man sich deshalb zu einem als "variable Geometrie" bezeichneten Verfahren entschlossen, das eine sofortige, wenn auch eingeschränkte Anwendung der diagonalen Kumulierung ermöglicht:
Wenn mindestens drei Vertragsparteien untereinander das Regionale Übereinkommen anwenden oder Pan-Euro-Med-Abkommen mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen bestehen, ist die diagonale Kumulierung zwischen diesen Parteien anwendbar - unabhängig vom Verhandlungsstand der übrigen potenziellen Teilnehmer. Damit ergibt sich eine Struktur unterschiedlicher Kumulierungsmöglichkeiten im Warenverkehr mit den einzelnen Ländern.

Zum Ursprungserwerb in der Europäischen Union muss daher in jedem Einzelfall geprüft werden, ob das Regionale Übereinkommen oder Pan-Euro-Med-Abkommen mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen anwendbar sind zwischen

  • der Europäischen Union (als Herstellungsland) und
  • dem Bestimmungsland und
  • dem Land oder den Ländern, aus denen Vormaterialien mit dortigem Ursprung verwendet werden (als "Lieferländer", wobei es unbeachtlich ist, ob mehrere Lieferländer untereinander Pan-Euro-Med-Abkommen geschlossen haben).

Die Anwendbarkeit der Kumulierung durch die jeweiligen Länder setzt eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe C) und im Gebiet der anderen Vertragspartei nach deren eigenem Verfahren voraus. Diese Informationen werden zusammengefasst und in als "Matrix" bezeichneten Tabellen 1-3 dargestellt. Für die Pan-Euro-Med-Kumulierung gelten dabei Tabellen 1 und 2, für die SAP-Kumulierung Tabelle 3 (siehe SAP-Kumulierung).

In Tabelle 1 markiert ein "X" ein zwischen zwei Parteien bestehendes Freihandelsabkommen mit Ursprungregeln, die eine Kumulierung nach dem Muster der Pan-Europa-Mittelmeer-Ursprungsregeln vorsehen. Beteiligen sich drei Parteien (A, B und C) an einer diagonalen Kumulierung, müssen die Felder für A-B, B-C und A-C mit einem "X" markiert sein (d.h. die Markierung "X" ist dreimal erforderlich).

Die in der Tabelle 2 aufgeführten Daten beziehen sich auf das Datum der Anwendung der diagonalen Kumulierung:

  • Mit dem Zusatz "(C)" vor dem Datum:
    Beginn der Anwendung der diagonalen Kumulierung auf Grundlage von Artikel 3 der Anlage I des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln
  • Ohne Zusatz vor dem Datum:
    Beginn der Anwendung der diagonalen Kumulierung auf Basis bilateraler Ursprungsprotokolle

Die Matrix kann länder- und stichtagbezogen in der Anwendung "Warenursprung und Präferenzen online" angezeigt werden.

Warenursprung und Präferenzen online

Ziel dieser Kumulierungen ist es, beim Ursprungserwerb auch Vormaterialien mit Ursprung in jedem beliebigen Land der Zone verwenden zu können, wenn das hergestellte Erzeugnis in ein beliebiges anderes Land dieser Zone ausgeführt werden soll.
Die Anlage I zum Regionalen Übereinkommen und die einschlägigen Ursprungsprotokolle sehen zudem folgende Besonderheit vor:
Vormaterialien mit Präferenzursprung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gelten als Vormaterialien mit Präferenzursprung in der Europäischen Union. Zum EWR gehören die Europäische Union, Island, Liechtenstein und Norwegen. Der Nachweis des EWR-Ursprungs erfolgt durch Präferenznachweise, in denen als Ursprungsland "EWR" angegeben ist.

Vormaterialien ohne Ursprung in der Europäischen Union oder einem der Partnerstaaten müssen immer die Ursprungsregel "ausreichende Be- oder Verarbeitung" erfüllen. Für Vormaterialien mit Ursprung in den Partnerstaaten gelten hingegen weitaus geringere Voraussetzungen, wobei folgende Varianten eines Ursprungs durch Kumulierung möglich sind:

  • In der Europäischen Union erfolgt mehr als eine Minimalbehandlung. Das hergestellte Erzeugnis erwirbt den Ursprung der Europäischen Union.
  • In der Europäischen Union erfolgt nur eine Minimalbehandlung. Der hier erzielte Wertzuwachs übersteigt den Wert der Vormaterialien mit Ursprung der beteiligten Länder, wobei auf jedes Land einzeln abzustellen ist. Das hergestellte Erzeugnis erwirbt den Ursprung der Europäischen Union.
  • In der Europäischen Union erfolgt nur eine Minimalbehandlung. Der hier erzielte Wertzuwachs übersteigt nicht den Wert der Vormaterialien mit Ursprung der beteiligten Länder, wobei auf jedes Land einzeln abzustellen ist. Das hergestellte Erzeugnis behält den Ursprung desjenigen Landes, das wertmäßig den größten Anteil beigetragen hat.
  • In der Europäischen Union erfolgt keine Bearbeitung, das heißt, die Ware wird unverändert weiter gehandelt. Das Erzeugnis behält den Ursprung des liefernden Landes.

Informationen zur ausreichenden Be- oder Verarbeitung
Informationen zu Minimalbehandlungen

Besonderheiten bei der Dokumentation

Bei beiden Kumulierungsarten ist für Vormaterialien aus der Türkei zum Nachweis ihres präferenziellen Ursprungs eine spezielle Lieferantenerklärung erforderlich. Sie wird auch dann benötigt, wenn die Waren aus der Türkei mit einer Warenverkehrsbescheinigung (WVB) A.TR. eingeführt wurden.

Wortlaut dieser speziellen Lieferantenerklärung

Im Rahmen der paneuropäischen Kumulierung gelten darüber hinaus keine Besonderheiten bei der Dokumentation des Ursprungs.
Hingegen ist bei der Pan-Euro-Med-Kumulierung wegen des noch nicht vollständig bestehenden Netzwerks nicht nur stets die "variable Geometrie", das heißt die Matrix zu prüfen. Vielmehr bestehen auch Besonderheiten bei der Ursprungsdokumentation

  • sowohl für die verwendeten Vormaterialien mit Ursprung in den Partnerstaaten als auch
  • für die gelieferten (hergestellten oder durchgehandelten) Waren.

a) Die Anwendung der Pan-Euro-Med-Kumulierung ist nur dann möglich, wenn die Vormaterialien mit Ursprung in den Partnerstaaten von dort mit einer WVB EUR-MED, oder einer Ursprungserklärung auf der Rechnung (UE) EUR-MED eingeführt wurden.

Informationen zu Präferenznachweisen

b) Zudem ist es erforderlich, den Empfänger einer Ware entsprechend darüber zu informieren, ob die gelieferten Waren ihren Ursprung unter Anwendung der Pan-Euro-Med-Kumulierung erlangt haben und wenn ja, mit welchem Land oder welchen Ländern kumuliert wurde. Diese Information erfolgt

  • bei Ausfuhren in ein Land der Pan-Euro-Med-Zone durch eine WVB EUR-MED beziehungsweise UE EUR-MED. Hier ist mit "cumulation applied with …" anzugeben, mit welchen (in der Regel Liefer-)Ländern eine Kumulierung angewendet wurde. Auch wenn keine Kumulierung erfolgt, kann ebenfalls die WVB EUR-MED beziehungsweise UE EUR-MED verwendet werden, in der dies ausdrücklich mit "no cumulation applied" dokumentiert wird. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn dem Empfänger der Ware der präferenzielle Export in ein anderes Land der Kumulierungszone ermöglicht werden soll.
  • bei Lieferungen innerhalb der Europäischen Union durch den sogenannten Kumulierungsvermerk in den Lieferantenerklärungen. Hier ist durch "Kumulierung angewendet mit …" anzugeben, mit welchen (in der Regel Liefer-)Ländern eine Pan-Euro-Med-Kumulierung angewendet wurde. Unter "… und den Ursprungsregeln für den Warenverkehr mit … entsprechen" dürfen nur solche Länder eingetragen werden, mit denen sowohl das Herstellungsland Europäischen Union als auch die beteiligten Lieferländer bereits das Regionale Übereinkommen oder Pan-Euro-Med-Abkommen mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen anwenden (Matrix!).
    Ist keine solche Kumulierung erfolgt, so wird dies dokumentiert durch die Angabe "keine Kumulierung angewendet".
Beispiel

Ein Baumwollgewebe als Meterware wird aus Ägypten eingeführt. Es hat den präferenziellen Ursprung Ägyptens durch eine ausreichende Be- oder Verarbeitung in Ägypten erworben. Es wird eingeführt mit einer WVB EUR-MED mit dem Eintrag "no cumulation applied" in Feld 7. In der Europäischen Union werden daraus Hemden hergestellt, die sowohl in die Schweiz als auch nach Israel exportiert und daneben auch an einen Empfänger in der Europäischen Union geliefert werden sollen. Die Fertigung der Hemden aus dem Gewebe erfüllt nicht die Voraussetzungen einer ausreichenden Be- oder Verarbeitung.

Beim Export in die Schweiz ist die Kumulierung nach dem Regionalen Übereinkommen anwendbar:
Zwischen der Europäischen Union und der Schweiz ist das Regionale Übereinkommen ebenso anwendbar wie zwischen der Europäischen Union und Ägypten. Zwischen der Schweiz und Ägypten gilt ein Pan-Euro-Med-Abkommen. Insofern bestehen zwischen allen beteiligten Ländern Abkommen mit gleichlautenden Ursprungsregeln. Die Herstellung der Hemden stellt mehr als eine Minimalbehandlung dar, somit erwerben die Hemden den präferenziellen Ursprung der Europäischen Union. Für die Dokumentation dieses Ursprungs ist verbindlich eine WVB EUR-MED bzw., soweit die Voraussetzungen für den vereinfachten Präferenznachweis vorliegen, eine UE EUR-MED zu verwenden. Es muss angegeben werden "cumulation applied with Egypt".

Da hier ein präferenzieller Ursprung nur durch Anwendung der diagonalen Kumulierung erreicht werden kann, ist dies auch bei einer Lieferung innerhalb der Europäischen Union in der Lieferantenerklärung entsprechend zu dokumentieren. So dürfen darin unter "… und den Ursprungsregeln für den Warenverkehr mit … entsprechen" nur solche Länder eingetragen werden, mit denen sowohl das Herstellungsland Europäische Union als auch das Lieferland Ägypten bereits das Regionale Übereinkommen oder Pan-Euro-Med-Abkommen mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen anwenden. Diese Länder müssen über die Matrix ermittelt werden. Als Kumulierungsvermerk ist also hier anzugeben "Kumulierung angewendet mit Ägypten".

Beim Export nach Israel ist ein Ursprungserwerb nicht möglich:
Zwischen der Europäischen Union und Ägypten wäre das Regionale Übereinkommen anwendbar und zwischen der Europäischen Union und Israel gilt ein Pan-Euro-Med-Abkommen. Ein entsprechendes Abkommen zwischen Israel und Ägypten besteht jedoch nicht. Da der Ursprung auch nicht durch eine ausreichende Be- oder Verarbeitung erworben wird, kann für die Hemden ein präferenzieller Ursprung nicht dokumentiert werden.

Weitere Informationen zu den Paneuropa-Mittelmeer-Ursprungsprotokollen und zur Verwendung der Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED bzw. der Rechnungserklärung EUR-MED enthalten die Erläuterungen zu den Ursprungsprotokollen Paneuropa-Mittelmeer, die im Amtsblatt der EU Nr. C 83 vom 17. April 2007 veröffentlicht wurden.

Erläuterungen zu den Ursprungsprotokollen Paneuropa-Mittelmeer

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