Eingeschränkte und vollständige Kumulierung
Bei der eingeschränkten Kumulierung dürfen ausschließlich Vormaterialien mit nachgewiesenem Ursprung der jeweiligen Partnerstaaten verwendet werden. Der Nachweis erfolgt durch Präferenznachweise EUR.1, EUR-MED, Ursprungserklärungen auf der Rechnung, Ursprungserklärungen auf der Rechnung EUR-MED, Erklärungen zum Ursprung oder Gewissheit des Einführers (EU-Japan-EPA; TCA). Derartige Vormaterialien bedürfen während der weiteren Produktionsprozesse keiner ausreichenden Be- oder Verarbeitung mehr.
Eine eingeschränkte Kumulierung kann als bilaterale oder als diagonale (auch als multilaterale bezeichnete) Kumulierung vorgesehen sein:
Bilaterale Kumulierung
Eines der Abkommen, das die Anwendungsmöglichkeit einer diagonalen Kumulierung vorsieht, ist das Regionale Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln.
Kumulierung nach dem Regionalen Übereinkommen/Pan-Euro-Med-Kumulierung
Bei der vollständigen ("vollen") Kumulierung dürfen neben Vormaterialien mit Ursprung der jeweiligen Partnerstaaten auch Vormaterialien verwendet werden, die zwar in einem Partnerstaat be- oder verarbeitet wurden, jedoch dadurch noch keinen Präferenzursprung erlangt haben.
Das bedeutet: Produktionsschritte auf dem Weg zum Ursprungserwerb, die in einem anderen Partnerstaat ausgeführt worden sind, werden bei der endgültigen Beurteilung der Ursprungseigenschaft einer Ware selbst dann berücksichtigt, wenn sie für sich genommen nicht ursprungsbegründend waren. Damit ist die arbeitsteilige Erfüllung der Bedingungen für den Ursprungserwerb in den verschiedenen, an einer vollständigen Kumulierung teilnehmenden Parteien möglich.
Der Nachweis der zuvor in den anderen Partnerstaaten vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen erfolgt dabei durch grenzüberschreitende Lieferantenerklärungen für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft.
Informationen zu grenzüberschreitenden Lieferantenerklärungen für Waren ohne Ursprungseigenschaft
Wortlaute der grenzüberschreitenden Lieferantenerklärungen
Die vollständige Kumulierung ist vorgesehen in den Abkommen der Europäischen Union unter anderem mit
- Japan (EU-Japan-EPA)
- Kanada (CETA)
- dem Vereinigten Königreich (TCA),
- den MAR (AKP)-Staaten,
- den ÜLG (überseeische Länder und Gebiete),
- Marokko, Algerien und Tunesien;
hierbei sind jedoch Waren, die die Ursprungseigenschaft aufgrund der vollständigen Kumulierung erwerben, vom präferenziellen Handel Paneuropa-Mittelmeer ausgeschlossen, da die vollständige Kumulierung im Rahmen der Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung nicht zulässig ist. - einigen Staaten im Paneuropa-Mittelmeerraum. Hierbei ist die volle Kumulierung jedoch nur möglich, wenn die alternativ anwendbaren Übergangsregeln angewendet werden.
Weitere Informationen zu den Übergangsregeln finden Sie auf der Seite "Regionales Übereinkommen über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln".
Regionales Übereinkommen über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln
Das Ursprungsprotokoll zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) enthält ebenfalls eine vollständige Kumulierung. Darüber hinaus verwendet dieses Protokoll einen weitergehenden Ursprungsbegriff: Hier können Waren die Eigenschaft "Ursprungserzeugnis des EWR" erwerben, es wird nicht differenziert in "Ursprungserzeugnis der Europäischen Union" oder z.B. "Ursprungserzeugnis Norwegens". Als Ursprungsland ist in den Nachweisdokumenten im Warenverkehr innerhalb des EWR daher "EWR" anzugeben.
In Norwegen werden aus den USA bezogene, gekämmte Baumwollfasern zu Garnen der HS-Position 5205 versponnen und anschließend in die Europäische Union exportiert. In einer Weberei in der Europäischen Union werden aus diesen Garnen Baumwollgewebe der HS-Position 5208 hergestellt. Anschließend sollen die Gewebe als Ursprungswaren des EWR nach Island exportiert werden. Die Herstellung des Gewebes in der Europäischen Union stellt keine ausreichende Be- oder Verarbeitung dar (Listenkriterium "Herstellen aus Fasern" nicht erfüllt).
Zwischen den EWR-Vertragsparteien Europäische Union, Norwegen und Island ist die vollständige Kumulierung möglich. Die in Norwegen durchgeführten Be- oder Verarbeitungen werden bei der Ursprungsprüfung in der Europäischen Union im Hinblick auf den Erwerb des EWR-Ursprungs angerechnet - genau so, als wäre diese Bearbeitung in der Europäischen Union erfolgt. Die zur Herstellung des Gewebes verwendeten Baumwollfasern ohne Ursprungseigenschaft wurden im EWR in zwei Arbeitsschritten (in Norwegen und anschließend in der Europäischen Union) ausreichend be- oder verarbeitet. Damit ist das Gewebe Ursprungsware des EWR.
Voraussetzung für die Berücksichtigung der in Norwegen durchgeführten Be- oder Verarbeitung ist jedoch eine seitens der Zollbehörden nachprüfbare Erklärung des norwegischen Lieferanten über die dort vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen - eine grenzüberschreitende Lieferantenerklärung für Waren ohne Ursprungseigenschaft.