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Unzulässige Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben

Eine Erstattung von Abgabenbeträgen oder ein Erlass von Abgabenschulden erfolgt, wenn

  • der ursprünglich erhobene Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollstelle niedriger als der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag gewesen ist oder
  • eine mit der Zollanmeldung wirksam beantragte Zollermäßigung oder Zollbefreiung (z.B. im Rahmen eines Zollkontingents) wegen eines Fehlers der Zollstelle nicht gewährt werden konnte.

Die Rechtsgrundlage für den Erlass oder die Erstattung

Die rechtliche Grundlage für den Erlass oder die Erstattung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ist hier Art. 119 Zollkodex der Europäischen Union (UZK).

Antragsfrist

Der Erlass- bzw. Erstattungsantrag muss grundsätzlich innerhalb von drei Jahren nach der Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner gestellt werden (Art. 121 Abs. 1 Buchstabe a) UZK). Nach Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf den Erlass oder die Erstattung verjährt und hinfällig.
Der Abgabenbetrag gilt als mitgeteilt, wenn dem Abgabenschuldner der entsprechende Bescheid zugeht. In Deutschland gilt ein mit der Post übermittelter Bescheid am 3. Tag nach der Aufgabe als zugegangen (§ 122 Abs. 2 Abgabenordnung (AO)). Elektronisch übermittelte Bescheide werden am 3. Tag nach der Absendung als bekannt gegeben angesehen (§ 122 Abs. 2a AO). Die Frist beginnt an dem Tag, der auf den Tag des Zugangs folgt.

Der Sachverhalt, der den Erlass oder die Erstattung ermöglicht

Ist ein Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag festzusetzen, der aus gesetzlichen Gründen vom Zollschuldner nicht nachgefordert werden darf, werden die Abgaben gemäß Art. 119 UZK erlassen, sofern der Erlass nicht schon gemäß Art. 116 Abs. 1 Unterabs. 2, Art. 117, 118 oder 120 UZK gewährt werden kann. Sind die Abgaben bereits entrichtet, erfolgt eine Erstattung.

Was bedeutet "nachfordern"?

Es kann leider nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Zollabfertigung weniger Ein- oder Ausfuhrabgaben angefordert worden sind, als es der gesetzlich festgelegten Abgabenschuld entspricht. Häufig ist dies auf fehlerhafte Angaben in der Zollanmeldung oder Irrtümer durch die Zollstelle zurückzuführen. Wird dies nachträglich festgestellt, müssen die Zollstellen den Differenzbetrag festsetzen und dies dem Zollschuldner mitteilen. Der Zollschuldner ist grundsätzlich verpflichtet, den Differenzbetrag nachzuzahlen. Nur in gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen ist von einer Nachforderung abzusehen. Der nachträglich festgesetzte Teil der Abgabenschuld wird erlassen. Hat der Zollschuldner bereits gezahlt, ist die Erstattung vorgesehen.

Wann ist eine Nachforderung von Abgaben nicht vorgesehen?

Aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ist eine Nacherhebung von Abgaben in folgenden Fällen untersagt:

  • Ursache für die fehlerhafte Abgabenfestsetzung war ein aktiver Irrtum der Zollbehörden, den der gutgläubige Abgabenschuldner nicht erkennen konnte.
  • Der ermäßigte Zollsatz oder die Zollfreiheit ist nicht angewandt worden, obwohl bei der Zollanmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr alle für die Anwendung des ermäßigten Zollsatzes oder der Zollfreiheit erforderlichen Angaben ordnungsgemäß gemacht und die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden waren.

Ursache für die fehlerhafte Abgabenfestsetzung war ein aktiver Irrtum der Zollbehörden, den der gutgläubige Abgabenschuldner nicht erkennen konnte.

Grundsatz

Ist eine unzutreffende Abgabenfestsetzung auf einen Irrtum der Zollbehörden zurückzuführen, so soll dieser Irrtum gemäß Art. 119 UZK nicht zu Lasten des Abgabenschuldners korrigiert werden, wenn

  • es sich um einen sogenannten "aktiven Irrtum" der Zollbehörde handelt,
  • dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und
  • sofern er gutgläubig gehandelt hat.

Die Regelung trägt insbesondere dem Vertrauensschutz des korrekt handelnden Zollbeteiligten in die zutreffende Anwendung der Rechtsvorschriften durch die Zollbehörden Rechnung.

Was ist ein "aktiver Irrtum" der Zollbehörde?

Ein aktiver Irrtum der Zollbehörden liegt nur dann vor, wenn die Zollbehörden diesen Irrtum durch eigenes Handeln verursachen. Grundvoraussetzung für einen aktiven Irrtum ist damit, dass

  • die Zollbehörden selbst unmittelbar tätig geworden sind und
  • dieses eigene Tätigwerden zu dem Irrtum der Zollbehörden geführt hat.

So liegt ein aktiver Irrtum beispielsweise vor, wenn objektiv unzutreffende Angaben des Beteiligten durch die Zollbehörde konkret und gezielt geprüft und ausdrücklich als richtig bestätigt wurden.

Die einfache Hinnahme der in der Zollanmeldung enthaltenen, unzutreffenden Angaben ohne tatsächliche, konkrete Nachprüfung und Bestätigung durch die Zollbehörden begründet dagegen keinen aktiven Irrtum.

Allerdings kann sich ausnahmsweise auch aus einer passiven Verhaltensweise der Zollstellen ein Irrtum im Sinne dieser Vorschrift ergeben, z.B. wenn die Zollbehörden bei einer großen Zahl von Einfuhren und über einen langen Zeitraum hinweg keine Einwände gegen die angemeldete Codenummer vorgebracht haben, obwohl ein Vergleich zwischen der angemeldeten Codenummer und der angemeldeten Bezeichnung der Ware es zugelassen hätte, die Unrichtigkeit der Einreihung zu erkennen.

Wann ist ein Irrtum der Zollbehörde durch einen Abgabenschuldner nicht erkennbar?

Ob der Irrtum der Zollbehörden für den Beteiligten erkennbar war, richtet sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Von Bedeutung sind dabei insbesondere:

Art des Irrtums

Entscheidend ist hier, wie einfach oder kompliziert die Sach- und Rechtslage ist, die zu dem Irrtum führte. Wenn sich bereits aus der Lektüre der veröffentlichten Rechtsvorschriften ohne weiteres ergibt, dass die Entscheidung der Zollbehörden nicht zutreffend sein kann, ist der Irrtum für den Zollbeteiligten erkennbar. Ist die Rechtsmaterie dagegen sehr komplex und schwierig oder ist die Rechtslage selbst wegen unterschiedlicher Rechtsprechung oder unterschiedlicher Rechtsauslegung unklar, kann es sich möglicherweise um einen nicht erkennbaren Irrtum handeln.

Erfahrung des Beteiligten im Einfuhr- bzw. Ausfuhrgeschäft

Der Beteiligte kann sich nicht auf Unwissenheit und mangelnde Vertrautheit mit der Rechtsmaterie als Grund für die fehlende Erkennbarkeit des Irrtums berufen, wenn er gewerbsmäßig im grenzüberschreitenden Warenverkehr tätig ist oder wenn er aus anderen Gründen über eine gewisse Erfahrung im Handel mit den betreffenden Waren verfügt (z.B. wegen ähnlicher Geschäfte in der Vergangenheit).

Sorgfalt, mit der der Beteiligte seinen Pflichten nachgekommen ist

Hierbei ist entscheidend, ob der Beteiligte alle ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, um sich über die Rechtslage zu informieren und um eine Entscheidung der Zollbehörden, an deren Richtigkeit er zweifelt, nachzuprüfen. Im Bereich des Gemeinschaftsrechts sind immer die Veröffentlichungen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft maßgeblich. Ein Beteiligter, der gewerbsmäßig im grenzüberschreitenden Warenverkehr tätig ist, hat sich daher in diesen Amtsblättern über die geltenden Vorschriften zu informieren. Unterlässt er dies, handelt er nicht mit der gebotenen Sorgfalt.

Wann ist der Abgabenschuldner gutgläubig?

Ein Abgabenschuldner ist gutgläubig, wenn er von der Richtigkeit der fehlerhaften Abgabenerhebung überzeugt war und nach Lage der Dinge davon auch überzeugt sein durfte. Er kann sich in der Regel nicht auf seinen guten Glauben berufen, wenn er schon früher Waren gleicher Art und Beschaffenheit ordnungsgemäß angemeldet hat. Von ihm kann die genaue Kenntnis der für die Abgabenfestsetzung maßgeblichen Merkmale erwartet werden.

Konnte der Irrtum der Zollstelle durch den Beteiligten erkannt werden, kann die Zollstelle davon ausgehen, dass der Beteiligte nicht gutgläubig gehandelt haben kann. Gleiches gilt, wenn der Beteiligte an einem Täuschungsversuch beteiligt war.

Hinweis

Hat der Abgabenschuldner sich bei der Erledigung der Zollformalitäten eines Vertreters bedient (z.B. einem Speditionsunternehmen), ist auch zu prüfen, ob der Vertreter den Irrtum erkennen konnte. Ist dies der Fall, muss sich der Abgabenschuldner die Erkennbarkeit zurechnen lassen.

Erläuterungen und Beispielfälle

Erläuterungen der Europäischen Kommission zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen und Beispielsfälle, in denen von der Erhebung abzusehen war, findet man im Informationspapier der Europäischen Kommission.

Informationspapier der Europäischen KommissionPDF | 248 KB | Datei ist nicht barrierefrei

Die von der Europäischen Kommission entschiedenen Fälle werden von ihr im Internet veröffentlicht.

Beschlüsse der Europäischen Kommission

Der ermäßigte Zollsatz oder die Zollfreiheit ist nicht angewandt worden, obwohl bei der Zollanmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr alle für die Anwendung des ermäßigten Zollsatzes oder der Zollfreiheit erforderlichen Angaben ordnungsgemäß gemacht und die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden waren.

Bestimmte Zollbegünstigungen insbesondere im Zusammenhang mit Zollkontingenten oder anderen mengenmäßig oder zeitlich befristeten Vorteilsgewährungen müssen von der Zollstelle an überwachende Behörden weitergemeldet werden. Unterbleibt die Weitermeldung z.B. infolge von technischen Fehlern bei der Datenübermittlung oder wegen Eingabefehlern durch den Abfertigungsbeamten, kann eine Anrechnung nicht erfolgen. Diese Unzulänglichkeiten hat der Abgabenschuldner nicht zu vertreten. Deshalb ist mit Art. 119 Abs. 2 UZK eine Erstattungs- bzw. Erlassmöglichkeit geschaffen worden.

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