Rechtsgrundlage für den Erlass oder die Erstattung
Die rechtliche Grundlage für den Erlass oder die Erstattung von Einfuhrabgaben ist in diesem Fall Art. 118 Abs. 1 Unterabs. 2 Zollkodex der Europäischen Union (UZK). Dem Antrag ist das Zusatzblatt zum Formular 0223 (Formular 0235) beizufügen.
Antragsfrist
Der Erlass- bzw. Erstattungsantrag muss grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach der Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner erfolgen (Art. 121 Abs. 1 Buchstabe b) UZK). Nach Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf den Erlass oder die Erstattung verjährt und hinfällig.
Der Abgabenbetrag gilt als mitgeteilt, wenn dem Abgabenschuldner der entsprechende Bescheid zugeht. In Deutschland gilt ein mit der Post übermittelter Bescheid am 3. Tag nach der Aufgabe als zugegangen (§ 122 Abs. 2 Abgabenordnung (AO)). Elektronisch übermittelte Bescheide werden am 3. Tag nach der Absendung als bekannt gegeben angesehen (§ 122 Abs. 2a AO). Die Frist beginnt an dem Tag, der auf den Tag des Zugangs folgt.
Der Sachverhalt, der den Erlass oder die Erstattung ermöglicht
Nicht-Unionswaren werden aus einem Drittland eingeführt. Durch die Annahme der Zollanmeldung entsteht für die angemeldeten Waren eine Einfuhrabgabenschuld.
Der Einführer weist die gelieferten Waren aus einem der folgenden drei Gründe zurück:
- Die Waren entsprachen im Zeitpunkt der Überlassung nicht den Bedingungen des Vertrages, der der Anlass für ihre Einfuhr war.
Nicht den Bedingungen entsprechen die Waren dann, wenn sie "anders" sind als vereinbart, d.h. wenn sie Abweichungen von den festgelegten Beschaffenheitskriterien aufweisen. - Die Waren sind bereits im Zeitpunkt der Überlassung schadhaft gewesen.
Schadhaftigkeit bedeutet das Vorhandensein wertmindernder Beschaffenheits- oder Funktionsmängel, die die vorgesehene Verwendung beeinträchtigen. - Die Waren sind vor der Überlassung beschädigt worden.
Im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung sind die Waren noch in Ordnung gewesen. Die Beschädigung erfolgte aber noch vor der Überlassung durch die Zollbehörden, also noch bevor die Waren tatsächlich ihren Eingang in den innergemeinschaftlichen Wirtschaftskreislauf gefunden haben.
Weitere Bedingungen für den Erlass oder die Erstattung der Einfuhrabgaben
Unter der Voraussetzung, dass der Einführer die Waren aus einem der oben genannten Gründe zurückgewiesen hat, können die Einfuhrabgaben auf Antrag erlassen oder erstattet werden, wenn auch die vier nachfolgend genannten Bedingungen allesamt erfüllt sind:
- Anmeldung der Waren zu dem betreffenden Zollverfahren
Die Waren, die mit den Einfuhrabgaben belastet wurden, müssen ordnungsgemäß zu dem betreffenden Zollverfahren angemeldet worden sein. Ist die Abgabenschuld auf andere Weise als durch die Annahme einer Zollanmeldung entstanden (z.B. durch Einfuhrschmuggel oder durch Entzug aus der zollamtlichen Überwachung), sind ein Erlass oder eine Erstattung nicht möglich. - Zurückweisung durch den Einführer
Die Ware muss vom Einführer zurückgewiesen werden. Zurückweisung kann hier zweierlei bedeuten: Der Einführer verweigert bereits die körperliche Annahme der Ware, oder er nimmt sie zwar zunächst körperlich entgegen, entscheidet sich aber nach Feststellung des Zurückweisungsgrundes dafür, die Ware zurückzugeben. Entscheidend ist, dass der Einführer die Ware nicht behält. - Keine Verwendung oder Gebrauch durch den Einführer
Die eingeführten Waren dürfen real noch nicht in den Wirtschaftskreislauf der EU eingegangen sein. Wenn der Einführer die Waren bereits verwendet oder gebraucht hat, ist es für einen Erlass oder eine Erstattung deshalb in der Regel zu spät. Nur dann, wenn die Schadhaftigkeit oder Vertragsabweichung erst durch die Verwendung festgestellt werden konnte, sind Erlass und Erstattung weiterhin möglich. Ausfuhr oder Zerstörung
Eine weitere Voraussetzung für den Erlass oder die Erstattung ist der Nachweis, dass die Waren auch wirklich nicht in den Wirtschaftskreislauf der EU eingehen. Dafür kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht:- Ausfuhr
Die eingeführten Waren werden unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt. - "Zwischenlagerung" zum Zwecke der Ausfuhr
Manchmal ist die unmittelbare Ausfuhr aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll. In einem solchen Fall können die Zollbehörden die Zulassung erteilen, die zur Ausfuhr bestimmten Waren zunächst in ein (externes) Versandverfahren oder ein Freizonenverfahren zu überführen oder in ein Zolllager aufzunehmen. - Zerstörung
Die eingeführten Waren werden unter zollamtlicher Überwachung zerstört. Auch hier muss vorher eine entsprechende Bewilligung beantragt werden. Für die Erteilung der Bewilligung ist das Hauptzollamt zuständig, das über den Antrag auf Erlass oder Erstattung zu entscheiden hat.
- Ausfuhr
Besonderheit Einfuhrumsatzsteuer
Die Einfuhrumsatzsteuer wird nicht erstattet, wenn der Erstattungsberechtigte zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 14 Abs. 2 Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung).
Gründe, die einen Erlass oder eine Erstattung auch dann ausschließen, wenn alle anderen Voraussetzungen vorliegen
Es gibt Fälle, in denen alle bisher genannten Bedingungen erfüllt sind, gleichzeitig aber Umstände vorliegen, die einen Erlass oder eine Erstattung dennoch unmöglich machen:
- Die Schadhaftigkeit der Waren ist dem Käufer und dem Verkäufer schon bei der Preisvereinbarung bekannt (Art. 118 Abs. 3 Buchstabe b) UZK).
- Die Ware wird nach der Feststellung des Zurückweisungsgrundes durch den Einführer weiterverkauft (Art. 118 Abs. 3 Buchstabe c) UZK).
- Die schadhaften Waren sind zunächst zu Versuchszwecken vorübergehend eingeführt und erprobt worden. Erst danach erfolgte die Überführung in den freien Verkehr (Art. 118 Abs. 3 Buchstabe a) UZK).
- Die Ausfuhr oder Zerstörung erfolgte ohne die vorgeschriebene zollamtliche Überwachung. Unter bestimmten Voraussetzungen ist in diesem Fall ein Erlass bzw. eine Erstattung nach Art. 120 UZK i.V.m. Art. 180 VO (EU) Nr. 2015/2447 (Durchführungsverordnung (IA)) möglich.