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Steuerentlastungen nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung

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Steuerentlastungen nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung

Reaktivierung von Aktivkohle

  • Datum: : 21.11.2024
  • Thema: : Energiesteuer

Unter Zugrundelegung der Grundsätze des EuGH-Beschlusses vom 17. Dezember 2015 - C-529/14 - ist der Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG für Verwendungszeiträume seit 1. Januar 2018 stark eingegrenzt. Nach der EuGH-Rechtsprechung muss es sich auch bei den Verfahren der thermischen Abfall- oder Abluftbehandlung um sog. Dual-use-Prozesse handeln. Dies bedeutet, dass neben der energetischen Verwendung des Energieerzeugnisses zum Heizen ein zweiter Zweck hinzukommen muss, der darin besteht, dass das Energieerzeugnis selbst, seine chemischen Bestandteile oder dessen Verbrennungsprodukte (üblicherweise Kohlendioxid) verfahrenstechnisch bzw. chemisch für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung zwingend erforderlich sind.

Eine Prüfung der von der Wirtschaft seit Anfang 2018 vorgetragenen Sachverhalte hat ergeben, dass die üblichen Behandlungen von Abfall und Abluft, zum Beispiel in thermischen Nachverbrennungsanlagen, thermischen Abgasreinigungs- oder Sonderabfallverbrennungsanlagen als reines Verheizen zu bewerten und deshalb nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG entlastungsfähig sind.

Mit dem Urteil vom 12. März 2024 - VII R 1/21 entschied der BFH, dass die Reaktivierung von Aktivkohle in einem Drehrohrofen nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG entlastungsfähig ist.

Für die Reaktivierung wird Erdgas am Ende des Drehrohrofens verbrannt und die gebrauchte, also mit Schadstoffen verunreinigte, Aktivkohle durchläuft in entgegengesetzter Richtung zu dem sich immer weiter abkühlenden Rauchgas verschiedene Temperaturzonen. Hierbei wird die Aktivkohle getrocknet, die Schadstoffe herausgelöst und die Aktivkohle durch Reaktivierung wieder nutzbar gemacht.

Die mit den freigesetzten Schadstoffen kontaminierte Abluft wird anschließend in der nachgeschalteten Nachbrennkammer verbrannt und anschließend als saubere Abluft in die Atmosphäre abgelassen, was jedoch nicht streitgegenständlich war.

Der BFH hat unter Verweis auf die EuGH-Rechtsprechung dargestellt, dass die Entlastungsnorm nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG nur eine Verwendung von Energieerzeugnissen zu zweierlei Verwendungszwecken begünstige. Dazu müsse das Energieerzeugnis selbst oder dessen Verbrennungsprodukte für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich sein. Ein bloßes Verheizen reiche nicht aus (vgl. BFH-Urteil VII R 1/21, Rz. 27 ff.). Insoweit liegt nun erstmals ein höchstrichterliches, nationales Urteil zum Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG vor.

Auf die Reaktivierung der Aktivkohle bezogen entschied der BFH, dass das Erdgas vorliegend zu zweierlei Verwendungszwecken eingesetzt werde. Das aus der Verbrennung des Erdgases entstehende Kohlendioxid sei für den Abschluss des Prozesses zwingend erforderlich (vgl. BFH-Urteil VII R 1/21, Rz. 47-48).

Weiterhin entschied der BFH, dass sich eine Begünstigung ausschließlich im Fall einer Beseitigung des Schadstoffpotentials - wie sie bisher Verwaltungspraxis war - nicht aus der Rechtsnorm ableiten lasse. Begünstigt sei nach dem Gesetzeswortlaut die Abfall- und Abluftbehandlung. Der Begriff "Behandlung" sei umfassender und könne auch andere Verfahrensabschnitte als die Schadstoffbeseitigung beinhalten, sofern es sich um eine Dual-use-Verwendung handele (vgl. BFH-Urteil VII R 1/21, Rz. 36-37).

Außerdem entschied der BFH, dass im Interesse einer einheitlichen Besteuerung und einer Besteuerung nach der tatsächlichen Verwendung erhebliche, für sich betrachtet nicht begünstigungsfähige Teilprozesse nicht im Rahmen eines Gesamtprozesses mitbegünstigt werden dürfen (vgl. BFH-Urteil VII R 1/21, Rz. 43).
Das Herauslösen der Schadstoffe aus der kontaminierten Aktivkohle diene einem selbständigen Zweck, der von der Vernichtung der Schadstoffe in der Nachbrennkammer zu unterscheiden sei. Darüber hinaus handele es sich bei den Drehrohröfen und der Nachbrennkammer um separate Bauteile der Gesamtanlage, die nicht als einheitlicher Prozess angesehen werden können und daher im Hinblick auf eine eventuelle Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG getrennt zu beurteilen sind (vgl. BFH-Urteil VII R 1/21, Rz. 42 und 43).

Die durch das BFH-Urteil VII R 1/21 festgelegten Grundsätze zum Umfang der Begünstigung nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG sind rückwirkend anwendbar für alle noch nicht verjährten Fälle.

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